

Was bedeutet „depressiv sein“?
Wer kennt nicht gelegentliche Stimmungstiefs im Zusammenhang mit beruflichen oder privaten Problemen?
Diese dauern meist jedoch nur wenige Tage bis Wochen an und es gelingt in der Regel, sich selbst wieder „aus dem Tief herauszuziehen“.
Dauert die Verstimmung jedoch länger oder ist mit dauerhafter Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit oder gar Suizidgedanken verbunden, so reichen die Selbstheilungskräfte nicht mehr aus.
Es handelt sich dann um eine ernst zu nehmende Depression, die ärztlicher oder therapeutischer Hilfe bedarf.
Die Betroffenen schildern dabei häufig weitere Symptome wie Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit, Grübeln, ein negatives Selbstbild, Zukunftsängste, Schmerzen oder sozialen Rückzug. Die Welt erscheint zunehmend grau, einen Ausweg sehen die Betroffenen selbst nicht mehr. Häufig drängen sich dabei Suizidgedanken auf, die in jedem Fall ernst genommen werden müssen.
Bei der Depression handelt es sich um eine gut behandelbare Erkrankung. In vielen Fällen gehen die Betroffenen jedoch aus Scham nicht zum Arzt, da sie meinen, selbst Schuld an ihrer Situation zu haben und ein Einzelfall zu sein.
Dieser Ratgeber möchte Ihnen veranschaulichen, dass die Betroffenen keineswegs allein sind und dass es viele verschiedene Therapiemöglichkeiten gibt.
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, da es sich um kein einheitliches Erkrankungsbild handelt. Etwas überspitzt formuliert, hatte bis vor wenigen Jahrzehnten jede Forschungsrichtung ihre eigenen Ansichten darüber.
Die Mediziner sprachen von einer vererbten Stoffwechselerkrankung des Gehirns, die Sozialwissenschaftler von der Bedeutung unzureichender sozialer Beziehungen, die Traumaforschung hob die Rolle belastender Lebensereignisse hervor, die Verhaltenstherapeuten betrachteten Depressionen weiter gefasst als Folge problematischer Lernerfahrungen, die kognitiven Therapeuten als Folge ungünstiger Denkprozesse und die Stressforscher als Folge von belastendem Langzeitstress. Und dies ist keinesfalls als abgeschlossene Liste zu verstehen – letztlich erklärte jede Berufsgruppe die Entstehung aus ihrem Fachgebiet heraus.
Heute wissen wir, dass alle genannten Faktoren als Ursache für die Entwicklung einer Depression infrage kommen. Häufig treten diese Faktoren gleichzeitig auf, beeinflussen sich gegenseitig oder bedingen sogar einander. Das Gewicht der einzelnen Faktoren kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein.
Was können wir aus diesem Wissen über die Entstehung der Depression ableiten?
Das bio-psycho-soziale Modell liefert einen hilfreichen Erklärungsansatz. Eine Depression ist, wie zuvor beschrieben, meist nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen. Es besteht eine individuelle Veranlagung (Vulnerabilität), die das Risiko des Einzelnen erhöht, an einer Depression zu erkranken. Und es gibt aktuelle kurzfristige oder länger andauernde Belastungen („Stress“), die dann eine depressive Episode auslösen. Sowohl Veranlagung als auch Auslöser können neuro-biologisch („körperlich“) oder psycho-sozial („seelisch“) sein.

Körperliche Veranlagung und ein veränderter Stoffwechsel im Gehirn können das Risiko einer Depression erhöhen. Familiäre Vorbelastung und genetische Ursachen können hier mit relevant sein. Akute Veränderungen oder Erkrankungen (z. B. eine Schilddrüsenunterfunktion) sowie Medikamente (z. B. Hormoneinnahme) und Alkohol oder Veränderungen der Stresshormone durch Belastungen von außen können als akute Auslöser einer Depression wirken.Hier ist eine Abklärung möglicher körperlicher Ursachen (z. B. durch eine Laboruntersuchung) wichtig.
Hier spielen u. a. die eigene Biografie, erlerntes Verhalten und Kommunikationsstile und negative Erfahrungen als begünstigende Faktoren eine Rolle. Als Auslöser können z.B. Trennungen, Verlust von Angehörigen oderFreunden, Konflikte, Belastung am Arbeitsplatzoder auch anhaltende Belastung, z. B. durch diePflege eines Angehörigen, wirken.
Diese Frage lässt sich mit einem klaren Nein beantworten. Es gibt viele verschiedene Arten von Depressionen, so wie die Patienten ja auch völlig unterschiedlich sind. Die Symptome zeigen sich aber oft in ähnlichen Mustern, sodass sich durchaus von einem Krankheitsbild „Depression“ sprechen lässt. Eine Unterscheidung ist anhand von Verlauf und Ausprägung möglich.
Klinisch werden sogenannte unipolare Depressionen von bipolaren Störungen unterschieden. Unipolar heißt dabei, dass der Betroffene nur unter Depressionen, nicht aber unter manischen Zuständen (mit gehobener Stimmungslage) leidet. Bei bipolaren Störungen kommen dagegen beide Ausprägungen vor.
Bei vielen Patienten treten depressive Phasen mehrfach auf, diese werden auch als rezidivierende depressive Störungen bezeichnet. Aber auch einzelne Episoden sind häufig. Nach einer ersten depressiven Phase sollte daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass es – sozusagen automatisch – zu weiteren Krankheitsphasen kommen muss.
Daneben existieren noch eine ganze Reihe von anderen depressiven Erkrankungen wie die saisonale Depression (Herbst-Winter-Depression), die sogenannte Dysthymie (eine Art depressive Persönlichkeit) und durch äußere Ereignisse (Traumata) verursachte Depressionen.
Häufig treten Depressionen auch unter bestimmten Medikamenten oder bei verschiedenen körperlichen Erkrankungen (z. B. einer Unterfunktion der Schilddrüse) auf, die daher als Ursachen sorgfältig ausgeschlossen werden müssen Von Depressionen abzugrenzen ist das sogenannte Burn-out-Syndrom. Hierbei handelt es sich um einen schleichend auftretenden Erschöpfungszustand. Dieser geht oft mit Vernachlässigung eigener Bedürfnisse, Verdrängung von Konflikten, Apathie, sozialem Rückzug und Gereiztheit einher. Aus einem solchen Erschöpfungszustand kann sich eine manifeste psychiatrische Erkrankung wie eine Depression oder eine Angsterkrankung entwickeln.

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Sie können in unterschiedlichen Formen und Schweregraden auftreten. Die Lebenssituation, belastende Ereignisse oder eine erbliche Veranlagung können zur Entstehung beitragen.
Depressionen begleiten viele Menschen ein Leben lang – auch wenn sie zwischendurch lange beschwerdefreie Phasen haben können. Die Erkrankung kann sich zudem sehr unterschiedlich äußern. Die hat auch Einfluss auf die Behandlung. Je nach Art der Beschwerden und Auslöser werden die folgenden Formen unterschieden:
Dies ist die häufigste Form der Depression. Dabei bestehen über mindestens zwei Wochen mehrere typische Anzeichen wie Niedergeschlagenheit, Erschöpfung, Freud- und Antriebslosigkeit. Auch Schlafstörungen und Appetitlosigkeit können hinzukommen. Je nachdem, wie viele Symptome auftreten und wie stark sie sind, unterscheidet man zwischen einer leichten, mittleren und schweren Depression. Manchmal bleibt es bei einer depressiven Episode. Tritt sie wiederholt auf, spricht man von einer wiederkehrenden (rezidivierenden) Depression.
Bei einer chronischen Depression bleiben depressive Beschwerden länger als zwei Jahre bestehen. Die Symptome können dann dauerhaft so stark sein wie in einer depressiven Episode. Dies ist besonders belastend, da es keine Phasen gibt, in denen die Beschwerden abklingen. Eine chronische Depression wird auch „persistierende depressive Störung“ genannt.
Manche Menschen haben auch eine leichter ausgeprägte Stimmungsveränderung, die einer typischen Depression ähnelt. Sie fühlen sich bedrückt, innerlich unruhig, unzufrieden und melancholisch, sind aber in ihrem täglichen Leben nicht so stark beeinträchtigt wie bei einer unipolaren Depression. Die Beschwerden schwanken von Tag zu Tag und Woche zu Woche. Man spricht dann von einer chronisch depressiven Verstimmung (Dysthymie). Obwohl die Symptome nicht so stark sind wie bei einer typischen Depression, kann eine Dysthymie aufgrund ihrer Dauer genauso belastend sein. Tritt während einer Dysthymie eine depressive Episode auf, sprechen Fachleute von einer „doppelten Depression“ (Fachbegriff: double depression)“.
Einige Menschen entwickeln vorwiegend in den dunklen Herbst- und Wintermonaten eine Depression. Sie entsteht vor allem durch Lichtmangel. Dann spricht man von einer saisonal bedingten Depression (Winterdepression). Mit dem Frühling verschwindet sie meist wieder.
Nach einer Geburt erleben viele Mütter trotz aller Freude über das Kind Stimmungsschwankungen und Niedergeschlagenheit – den sogenannten „Babyblues“. Bei manchen Frauen entwickelt sich daraus eine sogenannte Wochenbettdepression oder postpartale Depression. Ihre Symptome unterscheiden sich kaum von einer Depression, wie sie in anderen Lebensphasen auftreten kann.
Mütter mit einer Wochenbettdepression können sich so schlecht fühlen, dass es ihnen schwerfällt, sich um ihr Kind zu kümmern. In ihrem Umfeld erleben sie oft Unverständnis, denn nach der Geburt eines Kindes wird erwartet, dass Freude und Glück die vorherrschenden Gefühle sind. Ist das nicht so, können Selbstvorwürfe und Schuldgefühle – auch gegenüber dem Baby – übermächtig werden.
Manche Frauen bekommen in der zweiten Hälfte ihres Zyklus depressive Beschwerden, die mit dem Einsetzen der Monatsblutung wieder abklingen. Sie haben dann starke Stimmungsschwankungen und können gereizt und impulsiv, aber auch sehr traurig und niedergeschlagen sein. Häufig fühlen sie sich müde und es fällt ihnen schwer, sich zu konzentrieren. Hinzu kommen prämenstruelle Beschwerden wie Bauchkrämpfe oder Spannungsgefühle in der Brust.
Eine Depression kann im Rahmen einer sogenannten bipolaren Störung auftreten, auch manisch-depressive Erkrankung genannt. Menschen mit einer bipolaren Störung durchleben wechselnde Phasen extremer Stimmungsschwankungen: In der einen Phase zeigen sich die typischen Symptome einer Depression. In der anderen Phase schlägt ihre Stimmung ins Gegenteil um: Sie sind plötzlich in Hochstimmung und extrem aktiv, dabei selbstbewusst bis zum Größenwahn. Sie schäumen über vor Ideen, sind aber auch sehr reizbar, zerstreut und schlafen oft wenig. In diesen euphorischen Phasen verlieren viele Betroffene den Bezug zur Wirklichkeit und halluzinieren. Sie können in Schwierigkeiten geraten, zum Beispiel, wenn sie sich in riskante Abenteuer stürzen oder stark verschulden.
Zahlreiche Maßnahmen sind geeignet, die Behandlung einer Depression zu unterstützen. Auf die Dinge, die Sie selbst oder Ihre Angehörigen tun können, wird auf den folgenden Seiten eingegangen.
Hier sollen die Verfahren vorgestellt werden, die neben der medikamentösen Behandlung und der Psychotherapie in unserer Klinik angeboten werden.

Ein Nutzen der Wachtherapie ist jedoch in vielen Unter suchungen nachgewiesen worden und zeigt bei verschiedenen Formen der Depression eine schnelle Wirkung.
Oft hält der Effekt jedoch nur einige Tage an, sodass Wachtherapien wiederholt durchgeführt werden.
Viele Angehörige fühlen sich überfordert, wenn es um den – häufig lang andauernden – Umgang mit einem depressiv erkrankten Familienmitglied geht. Es ist daher wichtig, auch an die eigene Entlastung zu denken. Sie helfen dem Erkrankten besser, wenn Ihre eigene Gesundheit nicht gefährdet ist. Als Faustregeln für de Umgang mit sich selbst können gelten:
Depressionen sind ernst zu nehmende Erkrankungen, die professionelle Hilfe benötigen. Angehörige können dies nicht allein stemmen. Sie sollten Ihrem betroffenen Angehörigen so schnell wie möglich zu einer ärztlichen Vorstellung raten oder Sie können mit dessen Einverständnis einen Arzttermin vereinbaren.
Ein für Angehörige besonders schwieriges Thema ist die Suizidalität.
Generell ist es ratsam, mit dem Betroffenen über das Thema zu reden. Die Gefahr, damit „schlafende Hunde“ zu wecken, ist gering.
Das offene Gespräch kann eher entlasten und das Gefühl vermitteln, verstanden zu werden. Sie sollten klarmachen, dass Sie die Verzweiflung des Betroffenen verstehen, aber andererseits an ihn und eine Besserung glauben und auch in Zukunft zu ihm stehen werden. Bei Verdacht sollten Sie unbedingt einen Arzt konsultieren.
Begleiten Sie die betroffene Person in eine Klinik oder zu einem Notdienst. Dies kann auch nachts erfolgen und sollte unmittelbar geschehen. Warnzeichen bei Suizidalität sind:
Da sich sowohl die Bedeutung der Angehörigen für das Wohl der Betroffenen als auch die enorme psychische Belastung gar nicht genug würdigen lassen, hier noch einmal hilfreiche Strategien in Form von Goldenen Regeln: